Die „Große Deutsche Kunstausstellung“
Am 18. Juli 1937 wurde im englischen Garten in München das Haus der Deutschen Kunst mit einem Festakt eingeweiht. Mehrere zehntausend Besucher waren zum „Tag der Deutschen Kunst“ gekommen, um während eines drei Tage andauernden Festprogramms umrahmt von Opern- und Theater-Aufführungen, Konzerten, Volksfesten und einem Festzug der Eröffnung der ersten „Großen Deutschen Kunstausstellung“ beizuwohnen. In der „Ehrenhalle“ des kurz zuvor fertiggestellten Haus der Deutschen Kunst im englischen Garten hielt Adolf Hitler die Eröffnungsrede:„Als vor vier Jahren die feierliche Grundsteinlegung dieses Baues stattfand, waren wir uns alle bewußt, daß nicht nur der Stein für ein neues Haus gesetzt, sondern der Grund gelegt werden mußte für eine neue und wahre deutsche Kunst. Es galt, eine Wende herbeizuführen in der Entwicklung des gesamten deutschen kulturellen Schaffens. ... Diese Ausstellung muß eine Wende bringen gegenüber dem erlebten künstlerischen, bildhauerischen und malerischen Verfall.“
Fünf Monate zuvor, im Januar 1937 war in allen Zeitungen ein „Aufruf an alle deutschen Künstler im Reiche und im Ausland“ veröffentlicht worden mit der Ankündigung, einen „Querschnitt durch das gesamtdeutsche Kunstschaffen der Gegenwart“ zu präsentieren. Bis zum 1. April 1937 wurden 25000 Werke angemeldet und schließlich 15000 eingesandt. Wohl fast alle in Deutschland lebenden Künstler hatten sich an der Ausschreibung beteiligt.
In der zweiten Maihälfte trat eine Jury zusammen, um eine Vorauswahl zu treffen. In der Jury saßen u. a. die Maler Adolf Ziegler, Präsident der Reichskammer der bildenden Künstler, Conrad Hommel, Präsident der Münchner Secession und Rudolf Eisenmenger, die Bildhauer Arno Breker, Karl Albiker und Josef Wackerle, außerdem die Witwe des Architekten des Haus der Deutschen Kunst, Gerdy Troost.
Anfang Juni reisten Hitler und Goebbels nach München, um sich die Vorauswahl anzusehen. Es kam zum Eklat, Goebbels notierte in sein Tagebuch:
„Wir schauen uns die Auslese der Jury an. Bei der Plastik geht es noch, aber bei der Malerei ist es z. T. direkt katastrophal. Man hat hier Stücke aufgehängt, die einem direkt das Grausen beibringen. So geht das bei einer Künstlerjury. Da schauen alle nach der Schule, nach Namen und Wollen und haben meist den Sinn für eine wirkliche Malkunst verloren. Der Führer tobt vor Wut. Er will lieber die Münchner Ausstellung noch ein Jahr hinausschieben als so eine Mist auszustellen.”
Hitler erklärte die Jury für abgesetzt und bestimmte den NSDAP-Bildberichterstatter und Verleger Heinrich Hoffmann zum neuen und einzigen Juror. Hoffmann war kunsthistorischer Laie, der – wie Hitler – seinen Traum eines Kunststudiums nie hatte verwirklichen können. Er kannte den Geschmack und die Vorlieben Hitlers und baute die Ausstellung aus 900 Werken entsprechend um. Fünf Wochen später schrieb Goebbels:
„Es ist fast fertig und ganz wunderbar geworden. Auch die nun ausgewählten Bilder sind sehr schön, besser noch als die Plastiken. Der Führer ist ganz glücklich.“
In seiner Eröffnungsrede definierte Hitler die Hauptaufgabe der GDK: Der Versuch, eine nationalsozialistische Kunst erstmals zu definieren, Erziehung und Vorbild zu sein. Aber erst in der Zukunft würde es eine wirklich nationalsozialistische Kunst geben.
Wenn man sich die ausgestellten Werke ansieht, stellt man fest, daß das wirklich neue der propagandistische Aufwand und die Inszenierung im „Tempel der Deutschen Kunst“ war. Letztendlich handelte es sich um eine Verkaufsausstellung in der Tradition der Münchner Künstlervereinigungen. Die Werke entsprachen dem „Geschmack des Volkes“: Nur eine verständliche, stimmungsvolle, gemüthafte Kunst könne deutsch sein, habe „ihre Wurzeln im völkischen Wesen.“
Stilistisch entstammten die Bilder dem konservativen Akademismus: Realistisch gemalte Landschaften, Genreszenen, Portraits, Stilleben und Tierdarstellungen, akademische Akte und Historienbilder, und eine Reihe von Werken, die den Führer, die Partei oder die SA zum Thema hatten.
Die GDK war ein Publikumserfolg, der fast jede andere zeitgenössische Schau in den Schatten stellte (bis auf die Ausstellung „Entartete Kunst“, die von über 2 Millionen Menschen gesehen wurde). Jedes Jahr fanden mehrere hunderttausend den Weg in die Ausstellungen, noch 1943 hatte sie, trotz des Krieges, 700.000 Besucher zu verzeichnen. Auch der finanzielle Erfolg war beträchtlich, wenngleich die eindrucksvollen Verkaufszahlen (im Jahr 1943 fast 3 Millionen Reichsmark) zunehmend durch ausschweifende Ankäufe der Parteispitze getragen wurde. Bis 1944 sollte die Große Deutsche Kunstausstellung noch sieben mal stattfinden.